„Es gehört zu dem, was wir in dieser Zeit lernen müssen: Aus reinem Vertrauen leben, ohne jede Daseinssicherung, aus dem Vertrauen in die immer gegenwärtige Hilfe der geistigen Welt. Wahrhaftig, anders geht es heute nicht, wenn der Mut nicht sinken soll.“
— Rudolf Steiner
Heilung – dieses Wort klingt weich, rund, fast verheißungsvoll. Viele Menschen suchen sie, hoffen auf sie. Doch oft ist es nicht Heilung, was sie wirklich meinen, sondern Erleichterung. Ein bisschen weniger Schmerz, ein bisschen mehr Ruhe. Ein Pflaster für die Seele.
Aber echte Heilung ist kein sanftes umsorgt werden im Spa-Modus. Sie ist ein radikaler Prozess. Ein Rufen in die Tiefe. Sie fragt nicht, ob es angenehm ist – sondern ob es wahr ist.
Heilung fordert uns auf, alles Unbequeme nicht nur zu dulden, sondern ihm zu begegnen: unseren Ängsten, alten Geschichten, eingefahrenen Schutzstrategien. Sie verlangt Mut – zum Loslassen, zum Innehalten, zum Neuanfang.
In meiner Arbeit begegne ich Menschen, die sich auf diesen Weg machen. Und ich weiß: Manchmal braucht es Tränen, Zweifel, Wut – ehe sich etwas löst. Heilung ist kein Geschenk von außen. Sie ist ein innerer Entschluss, begleitet von ehrlicher Begleitung, ehrlichem Hinschauen – und manchmal auch einer leisen, heilenden Rebellion gegen das Alte.
Es ist der Moment, in dem das Bild, das wir von uns haben, zu bröckeln beginnt. Wo die Fassade nicht mehr hält. Wo uns das Leben – oder das Leid – aufrüttelt und uns nicht länger weglaufen lässt. Und es ist oft nicht glamourös. Es fühlt sich selten heldenhaft an. Es ist leise. Roh Unbequem.
Wandlungsprozesse sind selten sanft. Sie führen durch das Ungewisse, nicht selten durch Tränen, Ohnmacht, Wut. Und doch birgt gerade dieses Chaos ein Geschenk: Es zeigt uns, dass wir lebendig sind. Dass wir bereit sind, nicht länger Kompromisse mit uns selbst zu machen.
Scheitern gehört dazu. Es ist kein Zeichen von Schwäche – sondern oft ein notwendiger Schritt, um ehrlich zu werden. Hinsehen heißt nicht, alles zu verstehen oder zu lösen. Es heißt nur: Ich bin bereit. Bereit, nicht mehr gegen mich selbst zu arbeiten.
In meiner Arbeit begegnen mir Menschen in genau diesen Momenten. Und jedes Mal bin ich tief bewegt vom Mut, der darin liegt. Der Mut, nicht die Lösung zu suchen – sondern zuerst die Wahrheit.